Mein Bericht der ersten zwei Monate in Riobamba, Dr. med Hannah Seeba
Seit dem 25.9. bin ich jetzt in Riobamba und arbeite seit knapp zwei Monaten für UnifiedForHealth in Kooperation mit der Fundacion Omar Mosquera. Primär geht es in der aktuellen Tätigkeit der Fundación um ein Screening zu Mangelernährung, Anämie und Parasitenbefall. Dazu gehört eine Entwurmung aller Kinder, die untersucht werden. Es zielt darauf ab, Gesundheitsprobleme genauer definieren und entsprechende Unterstützungsangebote machen zu können.
Die ersten zwei Wochen verbrachte ich in Omars Begleitung damit, das Team der „Técnicos“ (Hilfskrankenpfleger) kennenzulernen und in Bezug auf ihre zukünftigen Tätigkeiten im Rahmen der Studie zu schulen (Kinder wiegen und messen, Anamnesen erheben und Hämoglobin mit einem aus Deutschland mitgebrachten portablen Hämoglobin-Photometer, das auch hier eingesetzt wird, zu messen.
Gleichzeitig war noch viel am Layout, Konzept und der Methodik des Screerings zu feilen, das Ganze wollte übersetzt werden und ich habe Nilo kennengelernt, einen Kollegen von Omar, der für die Formalitäten der Studie eingesetzt wurde. Nach einigen Treffen konnten wir gemeinsam einzelne Aspekte anpassen, um aus theoretischen Ideen ein praxistaugliches Procedere für die Umsetzung des Screenings zu generieren. Dabei reduzierten wir die maximale Anzahl an Teilnehmern für die Untersuchung und schlossen auch Kinder im Alter von 0-5 Jahren ein, da diese als die Vulnerabelsten für die zu untersuchenden Krankheiten gelten.
Die ersten zwei Wochen mit den Técnicos übten wir gemeinsam die Datenerhebung, Untersuchung und Hb-Messung und optimierten die Abläufe.
Zwei des Teams hielten jeweils „Charlas educativas“ (kleine einfache Vorträge zu Ernährung und Hygiene). Nach und nach klappte alles, und wir starteten am 19.10. mit dem ersten offiziellen Patienten. Mein Part war (neben Organisation, Anleitung und Supervision) die Untersuchung der Kinder und Dokumentation etwaiger gesundheitlicher Probleme, sowie die Auswertung der erhobenen Daten und Beratung der Eltern. Wir waren meist täglich in einem anderen Dorf, zunächst in den Stadt-nahen Bezirken, später auch mehrere Stunden entfernt. Die Unterschiede bei den Kindern waren riesig, unter anderem auch davon abhängig, wie hoch der Anteil der indigenen Bevölkerung in den Dörfern war. Am allermeisten fiel ein großer Anteil an Kindern auf, die unter Karies litten. Es gibt hier wenig präventive Medizin, für Untersuchungen muss man bar bezahlen oder eine Versicherung vorweisen, und die Eltern guckten einen meist groß an, wenn man den Zusammenhang zwischen Zuckerkonsum und Karies erklärte.
Um aus den Untersuchungen eine Studie und vielleicht sogar eine Publikation machen zu können, sind einige bürokratische Hürden zunehmen, unter anderem die Beantragung eines Ethikvotums.
In den ersten Wochen der Studie stellte Omar einen Kontakt zum Büro der Vizepräsident her. Diese waren an der Thematik der Kindergesundheit interessiert und erbaten sich eine Videokonferenz. Wir sprachen fast 2 Stunden, sie zeigten sich insbesondere an der Methodik der Datenerhebung zur Ernährung interessiert (zum Beispiel an der international empfohlenen Methode, den mittleren Oberarmumfang zu messen). Ich hatte dazu aus Deutschland ein spezielles Maßband mitgebracht, das direkt farblich markiert, in welchem Bereich der Patient zwischen 6 Monaten und 5 Jahren sich befindet (grün ist ok, orange problematisch und rot akut mangelernährt). Die Vizepräsidentschaft sagte uns im Gegenzug Unterstützung bei bestimmten Problemen an und sicherte eine Weiterbehandlung von uns detektierten kranken Kindern zu. Wenige Tage später erschien ein Fernsehbericht über die Einsätze der Regierung zum Thema Kindergesundheit, Anämie und Ernährung in abgelegenen Dörfern und ich hörte ein Interview mit der Vizepräsidentin, wo sie mit meinen Worten sprach. Für mich ein Erfolg.
Später nahmen wir erneut Kontakt auf, um auf das Angebot der Regierung zurück zu kommen, einzelne kranke Kinder (z.B. mit Anämie) über die Gesundheitszentren weiter zu betreuen. Wir fahren weiterhin täglich in entfernte Dörfer und schauen, was wir für die Kinder (und Erwachsenen) dort tun können. Manchmal ist es schwierig und wir müssen sogar mit Übersetzern reden, da einige der entlegeneren Dörfer vorwiegend Kichwa (oder Quechua) sprechen. Aber IMMER ist es ein Erlebnis, die Kinder aus der Reserve zu locken und dem ein oder anderen ein Lächeln abzuringen.