Erfahrungsbericht Anne Suffel

Erfahrungsbericht Public Health Exchange/Famulatur in El Zapote, El Salvador

 

Motivation

Auf das Projekt in El Zapote bin ich eigentlich mehr aus Zufall über die Restplätze beim BVMD gestoßen. Ich war bereits nach dem Abitur ein Jahr in Peru, wo ich ein freiwilliges soziales Jahr absolviert habe. Seit diesem Jahr war eigentlich mein Interesse für das Thema öffentliche Gesundheit und auch meine Lateinamerika-Liebe geweckt. Insofern wollte ich die Gelegenheit gerne nutzen, meine Interessen für Public Health, mein Studium und Lateinamerika miteinander zu verbinden.

 

Vorbereitung

Vor der Public Health Austausch stand ich im regen Austausch mit der Organisation Unified for Health (UFH), die diesen Austausch initiiert hatte. Gemeinsam, auch mit Anna-Sophia, die direkt vor mir nach El Zapote fahren sollte, haben wir uns mögliche Projekte überlegt und den Aufenthalt geplant. Dabei hatte ich für alle möglichen Fragen immer einen Ansprechpartner und konnte mich auch mit den Studierenden austauschen, die vor Zeit in El Zapote verbracht hatten.

Visum

Es reicht vollkommen, mit einem Touristenvisum einzureisen, das man direkt am Flughafen in San Salvador beantragen kann. Dieses ist für 90 Tage gültig. Allerdings sollte man nicht vergessen, dass man für die Durchreise durch die USA ein Esta-Visum benötigt, bevor man böse Überraschungen am Flughafen erlebt.

Gesundheit

Ich habe mich vor meinem Abflug noch einmal in der reisemedizinischen Ambulanz beraten lassen und ein paar Impfungen auffrischen lassen. Neben den üblichen Sachen, wie Hepatitis, habe ich mich auch noch gegen Typhus und Meningokokken impfen lassen, da Trinkwasserverunreinigung immer noch ein recht großes Problem in El Salvador ist. Da Cholera dort nicht so häufig vorkommt und die Schluckimpfung nicht besonders effektiv ist, habe ich darauf verzichtet. Die beste Prophylaxe gegen all diese Krankheiten, aber auch Parasiten, Amöben, usw. sind aber immer noch einfache Hygieneregeln. Dafür sollte man vor allem bei Straßenverkäufern darauf achten und nachfragen, mit welchem Wasser die Speisen und Getränke zubereitet wurden.

 

Sicherheit

Sicherheit ist ein wichtiges Thema in El Salvador. Leider werden noch immer viele Gebiete von den beiden vorherrschenden Banden heimlich unter sich aufgeteilt. Der Konflikt zwischen den beiden konkurrierenden Banden äußert sich leider auch in der recht hohen Mordstatistik, die man meistens als erstes findet, wenn man das Land googelt oder sich beim auswärtigen Land beliest. Unbeteiligten Personen, die in keiner Bande sind oder mit einem Mitglied verwandt/verschwägert, geschieht jedoch meistens nicht. Trotzdem ist es, wie in jedem anderen lateinamerikanischen Land auch, wichtig, einfach im Gespräch mit der einheimischen Bevölkerung zu bleiben, zu fragen, zu welcher Uhrzeit man wohin noch gut gehen kann und mit welchen Verkehrsmitteln man bedenkenlos fahren kann. Das würde ich jeder Person auf jeden Fall empfehlen, sich einfach immer auszutauschen.

Das Dorf El Zapote ist sehr sicher. Ich habe mich eigentlich noch nie so gut behütet gefühlt. Wenn ich über das Wochenende mal nach Santa Tecla oder woandershin gefahren bin, konnte ich fast immer mit einem ansässigen Lehrer oder Janeth, der Ärztin, fahren. Mir haben eigentlich immer alle mit Rat und Tat beiseite gestanden, was ich machen kann und was nicht. Wenn ich mal eine halbe Stunde zu spät kam, hatten mich bereits vier Leute angerufen, um zu sehen, dass ich mich auch ja nicht auf dem Weg verirrt habe.

So ist mir nie irgendwas passiert und ich habe mich eigentlich die ganze Zeit sicher und gut aufgehoben gefühlt. Selbst als ich mich einmal in San Salvador verlaufen habe, haben mich sofort zwei Passantinnen angesprochen und haben so lange mit mir die richtige Adresse gesucht, bis ich heil angekommen bin.

 

Geld

Nach einer Währungsreform Anfang der 2000er bezahlt man in El Salvador praktischerweise mit dem US-Dollar. Ich habe das Geld für meinen Aufenthalt eigentlich immer direkt vor Ort bei den Geldautomaten abgehoben. In El Zapote gibt es direkt keinen ATM, aber in allen Städten, wie z.B, auch in der nächst gelegenen Stadt Cara Sucia, lässt sich eigentlich leicht ein Automat finden. Da ich mit meiner Spar-Card immer nur begrenzt kostenlos im Ausland abheben konnte, habe ich dann mein Bargeld immer gut versteckt, aber eigentlich empfiehlt es sich, keine größeren Geldbeträge auf einmal abzuheben.

Vor allem beim Reisen in Bussen ist es wichtig, immer mit Kleingeld zu bezahlen und keine zu großen Scheine aus dem Geldbeutel zu ziehen, um nicht den Eindruck zu erwecken, dass es etwas zu holen gäbe. Auch in El Zapote ist es von Vorteil, eher kleineres Geld dabei zu haben, da ausreichend Wechselgeld eher spärlich gesät ist. In den größeren Städten und in deren durchaus gigantischen Einkaufszentren ist es aber durchaus möglich und üblich, mit Kreditkarte zu bezahlen.

Die Lebenshaltungskosten sind nicht besonders hoch. Ich habe für mein Zimmer insgesamt 40 Dollar für die gesamten sechs Wochen bezahlt. Ein Mittagessen im Dorf kostet 1,75 Dollar und eine zweistündige Busfahrt knapp einen Dollar. Taxifahrten sind sehr viel teurer. Für eine Fahrt von El Zapote bis zum Flughafen muss man mit etwa 60 bis 70 Dollar rechnen. Alle touristischen Aktivitäten und auch die größeren Städte haben dagegen in ihren Restaurants, Bars und Shopping-Centern mindestens europäische Preise. Auch die Preise in den großen Supermärkten unterscheiden sich preislich nicht sonderlich von den unseren.

 

Sprache

Die Landessprache in El Salvador ist Spanisch. Einige sprechen zwar auch Englisch, da das Land durch die vielen Emigranten eine sehr enge Beziehung zu den USA pflegt, allerdings sollte man sich darauf nicht verlassen. Meine wenigen Konversationen auf Englisch waren nicht besonders von Erfolg gekrönt. Daher sind halbwegs gute Spanischkenntnisse durchaus empfehlenswert.

Obwohl ich durch mein FSJ in Peru halbwegs gut spanisch konnte, habe ich etwas Zeit gebraucht, mich an die Aussprache und die Wörter vor Ort zu gewöhnen. Wie in vielen Ländern Lateinamerikas gibt es einige typische salvadoreñische Wörter, was sowohl für den Alltag als auch für Anamnesen durchaus sehr hilfreich zu wissen wahr. Ich hatte mir ein spanisches Medizin-Wörterbuch mitgebracht, wobei die meisten Fachbegriffe den deutschen recht ähnlich sind. Besonderheiten, wie beispielsweise, dass chiche beispielsweise Brust heißt, muss man dann einfach vor Ort lernen.

Zu Beginn war es auch recht gewöhnungsbedürftig für mich, dass man sich in El Salvador fast immer siezt bwz. mit usted/ustedesanspricht. Das gilt auch für die Kinder. So dauert es meistens recht lange, bis einem jemand das vos (dem spanischen tuäquivalent) anbietet. Ebenso ist niña eine durchaus typische Ansprache für ältere Frauen.

Alle waren aber immer sehr geduldig mit mir und man muss keine Scheu haben, nachzufragen, wenn man etwas nicht verstanden hat. Die Lehrer, die ich beim Mittagessen kenngelernt habe, haben sogar sehr viel Spaß daran entwickelt, mir beizubringen, wie man perfekt „como pueblo“ spricht. Inklusive der besten einheimischen Verhandlungstricks oder fünf verschiedene Wörter für Schwein.

 

Verkehrsverbindungen

Im Dorf konnte ich alles erlaufen. Für Ausflüge bin ich meistens mit den öffentlichen Bussen gefahren, die regelmäßig durch das Dorf fahren. Alternativ kann man auch mit dem Boot nach La Barra de Santiago übersetzen und von dort losfahren, da der touristische Ort etwas besser angebunden ist.

Ich bin meistens zusammen mit befreundeten Lehrern gefahren, die haben mir erklärt, wie alles läuft. So bin ich eigentlich immer unkompliziert von A nach B gekommen.

Kommunikation

Am meisten Sinn ergibt es, sich einfach eine SIM-Karte mit mobilen Internet vor Ort zu kaufen. Damit kommt man gut über die Runden und es ist auch recht günstig. W-LAN gibt es in El Zapote keines, manchmal dann aber in den größeren Orten.

Ich habe eigentlich immer über das Internet telefoniert und E-Mails geschrieben, das ging mit dem mobilen Internet meistens gut.

 

Unterkunft

Ich habe die gesamten 6 Wochen in einem privat vermieteten Zimmer gewohnt. Das ist durchaus üblich, da es auch recht viele Lehrer gibt, die immer nur unter der Woche in dem Dorf wohnen und daher ein Fremdenzimmer benötigen. Insgesamt habe ich 40 Dollar bezahlt. Ein Moskitonetz und Bettwäsche habe ich selbst mitgebracht. Die Kücheneinrichtung war recht minimalistisch, aber mit Tisch, Kühlschrank und etwas Geschirr durchaus ausreichend. Warm gegessen habe ich eh immer bei Sonia, die immer mittags für mich, Janeth und die Lehrer gekocht hat.

Mitzunehmen

Moskitonetz und Mückenspray sollte man auf jeden Fall einpacken, Flip Flops, lockere weite Kleidung, die gut gegen viel Sonne schützte, Sonnencreme, Sonnenbrille, Medikamente, Hygieneprodukte, usw.

Wer ausgehen möchte, sollte bedenken, dass sich die Salvadorianer sehr gerne recht schick machen. Ich würde also für ungeahnte offiziellere Anlässe (z.B. auch Besuch beim Gesundheitsministerium oder ähnliches) einen Satz ordentliche Kleidung empfehlen.

Reise/Ankunft

Ich bin mit dem Flugzeug über die USA und Amsterdam geflogen. Die Flüge kosten 500 Euro und aufwärts (Hin- und Rückflug zusammen). Wer bereit ist, viel Umsteigezeit in Kauf zu nehmen, kann eigentlich recht günstig hin und zurück fliegen.

Ich wurde am Flughafen von Edgar, einem Salvadorianer, und Anna-Sophia vom Flughafen abgeholt und bin mit ihnen dann gemeinsam nach El Zapote gefahren.

Tätigkeit

Meine Tätigkeit war eigentlich recht vielseitig und jeden Tag anders. Gemeinsam mit Anna-Sophia habe ich ihre begonnenen Projekte auch fortgeführt und manches noch ergänzt

Als erstes besteht immer die Möglichkeit, Janeth und Netty, die Krankenschwester, in der Sprechstunde zu begleiten und unterstützen. Dabei hat mir Janeth auch viel über das Programm der Schwangerschaftsvorsorge erzählen können, wir haben gemeinsam untersucht, Wunden versorgt, usw. Manchmal habe ich auch mit wartenden Patienten einen WHO-Fragebogen über NCDs ausgefüllt.

Eine weitere Möglichkeit ist immer, mit den Promotores de Salud mitzugehen. Zuleyma und Don Fermin übernehmen im Grunde die Hausbesuche, schauen sich die Neugeborenen an, geben Impfungen, verteilten Gift gegen Malaria-Moskitos, impfen die Haustiere gegen Tollwut, organisieren Vorträge zur gesundheitlichen Aufklärung, uvm. Ich bin immer super gerne bei diesen Besuchen mitgekommen, weil man so einen wahnsinnig guten Einblick in die Lebenswelt der Menschen bekommt, mit ihnen reden kann, warum sie manchmal nicht zum Arzt gehen wollen, was sie beschäftigt und was sie brauchen.

Außerdem habe ich an das Diabetesprojekt meiner Vorgänger angeknüpft. Ein bis zweimal in der Woche haben ich zusammen mit den Promotoren die Diabetiker in El Zapote und El Porvenir eingeladen, deren Blutzuckerwerte gemessen und mit ihnen immer ein anderes relevantes Thema in Bezug auf deren Krankheit besprochen, z.B. Ernährung, Medikamente, Entstehung von Diabetes, usw. Außerdem habe ich zusammen mit Zuleyma einen Kochworkshop zum Thema gesunde Ernährung für Schwangere und frische Mütter mit unterernährten Kindern organisiert.

Anknüpfend an Anna Sophias Arbeit habe ich ihre Sportgruppen fortgeführt und habe zweimal die Woche Fitness Übungen in El Zapote mit den Diabetikerinnen und in El Porvenir mit einer Gruppe Hausfrauen gemacht. Das hat mir auch wahnsinnig Spaß gemacht und es war schön zu sehen, wie motiviert am Ende vor allem die Frauen aus El Porvenir waren, die mir hoch und heilig versprochen haben, sich auf jeden Fall auch nach mir jede Woche zum Zuma zu treffen.

Manchmal habe ich auch einmal pro Woche an der Schule einen kurzen Vortrag über Trinkwasserhygiene oder gesunde Ernährung gehalten. Außerdem war es auch immer spannend für mich, Janeth auch noch zu anderen Aktivitäten zu begleiten, regionale Besprechungen oder Prüfungen der Lebensmittelhygiene im örtlichen Restaurant. Es war sehr spannend zu sehen, wie vielfältig auch die Aufgaben einer Ärztin in einer Unidad de Salud sind.

 

Land und Leute

Das schönste in El Salvador waren für mich mit Abstand die Menschen. Ich bin mit unglaublicher Gastfreundschaft und Herzlichkeit empfangen worden und bin mit vielen neuen Freunden und großem Abschiedsschmerz wieder gefahren. Alle haben sich total lieb um mich gekümmert. Sonia, bei der ich immer zu Mittag gegessen habe, meine Vermieterin Rosa, mein Nachbar Don Santiago, Zuleyma, Sra. Netty waren wir eine Ersatzfamilie für mich, haben mich immer wieder eingeladen, mit mir etwas unternommen und haben mir mit Freuden Kultur und Dialekt nähergebracht. Auch mit den Lehrern habe ich mich gut anfreunden können. Manchmal haben sie mich dann auch am Wochenende zu sich nach Hause eingeladen und ich habe diese Chance gerne genutzt, um auch noch andere Teile des Landes kennenlernen zu können.

Die Landschaft ist insgesamt wunderschön. El Zapote liegt direkt am Mangrovenwald mit fantastischen Vögeln, Papageien, Krokodilen, Schildkröten und einem mysteriösen Phänomen namens „El Sufre“. Abends, wenn sich das Wasser in der Lagune bewegt, fängt es nämlich an zu glitzern und zu schimmern. La Barra, der Nachbarort, liegt direkt am Meer und hat einen schönen Strand. Auch mit Vulkanen, dem Lago Guatepece, Bergdörfern, Nationalparks und Sufer-Hotspots hat das Land einfach einiges zu bieten. Naturfreunde und Surfer kommen auf jeden Fall auf ihre Kosten.

Ich denke, es gibt zwei Dinge, auf die man kulturell gesehen auf jeden Fall Rücksicht nehmen sollte. Zum einen sollte man unbedingt auf seine Kleidung achten, also nicht zu kurze Hosen und zu tief ausgeschnittene Oberteile tragen. Das wirkt dort recht anstößig und wird brodelnder Quell von wilden Gerüchten. Auch sollte man zumindest in El Zapote nicht im Bikini, sondern mit T-Shirt und Sporthose über der Badekleidung baden, um keinen Anstoß zu erregen. Das andere ist die Religion. Die meisten Salvadorianer sind sehr christlich, Abtreibung steht unter hoher Strafe und Gott wird bei jeder Gelegenheit gedankt und man bekreuzigt sich eigentlich immer, wenn man an einer Kirche vorbeifährt. Daher sollte man sich einfach ein wenig besser kennen und etwas vertrauter sein, wenn man solche Themen anspricht. Das heißt aber nicht, dass viele Salvadorianer nicht auch offen wären für kritische Gespräche.

 

Fazit

Insgesamt bin ich zutiefst dankbar für die Zeit, die ich in El Zapote verbringen durfte. Ich konnte dort so viel von den Menschen lernen, in eine andere Kultur eintauchen, Freunde gewinnen und etwas zum Thema Prävention beisteuern. Ich denke, der Austausch ist für alle gut geeignet, die ein gewisses Maß an Eigeninitiative haben, da kein Projekt oder Ablauf fest vorgeschrieben ist, die halbwegs spanisch sprechen und einfach freundlich und offen sind für eine andere Kultur.

Daher kann ich den Public Health Exchange nach El Zapote eigentlich nur empfehlen und möchte mich sehr bei UFH und der BVMD bedanken.

 

 

 

 

 

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